Unfallversicherungsrecht – Beweislast bei fraglicher Selbsttötungsabsicht

 

Zur Beweislast des Unfallversicherungsträgers bei fraglicher Selbsttötungsabsicht – LSG Bayern, Urteil vom 20.01.2015 – L 3 U 365/14

1. Ist ungeklärt bzw. unklärbar, ob der Tod auf einem Betriebsweg durch Selbsttötung geschehen oder nur verkehrsunfallbedingt eingetreten ist, trägt die Berufsgenossenschaft als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung die Beweislast dafür, dass ein Suizid vorgelegen hat.
2. Hinterbliebene sind nicht beweispflichtig dafür, dass der Versicherte nicht in Selbsttötungsabsicht gehandelt hat.

Das Landessozialgericht Bayern setzte sich in seinem Urteil vom 20.01.2015, Az. L 3 U 365/14 mit der Frage auseinander, wer die Beweislast bei einer fraglichen Selbsttötungsabsicht trägt.

In der Sache ging es um einen tödlichen Unfall des Versicherten im Straßenverkehr.

Das LSG Bayern führt in seinem Urteil dazu folgendes aus:

„…Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschuhen oder zum Tode führen… Dem Begriff des Unfalls ist die Unfreiwilligkeit der Einwirkung immanent. Daher steht das willentliche Herbeiführen einer Einwirkung der Annahme einer äußeren Einwirkung entgegen. Eine vorsätzliche Selbstschädigung im Sinne einer vollendeten Selbsttötung wäre daher nicht als Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zu bewerten.

Das Vorliegen eines Suizids im Straßenverkehr ist ein anspruchsschädlicher Umstand, der im Vollbeweis nachzuweisen wäre. Nach der Rechtsprechung des BSG setzt dies eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit voraus (vgl. BSG Urteil vom 27.06.2006 – B 2 U 20/04 R). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ein Tatbestandsmerkmal in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falls nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen.

Ist ungeklärt bzw. unklärbar, ob der Tod durch Selbsttötung geschehen ist, trägt in-soweit die Beklagte die objektive Beweislast ( vgl. BSG Urteil vom 17.02.2009 – B 2 U 18/07 R). Das BSG har mit Urteil vom 04.09.2007 – B 2 U 28/06 R deutlich gemacht, dass nicht die Hinterbliebenen eines tödlich verunglückten Versicherten die Beweislast dafür tragen, dass der Versicherte im Zeitpunkt des tödlichen Ereignisses nicht mit Selbsttötungsabsicht gehandelt habe, da es insoweit an einer rechtlichen Grundlage mangele.

Anm.:
Es stellt sich die Frage, inwieweit diese Rechtsprechung auf Lebensversicherungen und private Unfallversicherungen übertragen werden kann.

Haben Sie hierzu Fragen? Rechtsanwalt Robert Raab steht Ihnen unter Tel. 0911/ 50 49 22-0 oder e-Mail info@raraab.de gerne zur Verfügung.

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